Der politische Skandal um die Honterusschule im Jahre 1933
The Political Scandal about the Honterus-School in 1933
Author(s): Andreas MöckelSubject(s): History
Published by: Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde
Keywords: NSDR; Adolf Meschendörfer; Hitler; Saxonian society in Romania;
Summary/Abstract: Im Herbst 1933 brach zwischen Kirchenkurator Dr. Arthur Polony und der Leitung der Honterusschule ein heftiger Streit aus. Polony gehörte zur konservativen „Einheitspartei“, war Rechtsanwalt und zeitweilig Abgeordneter im rumänischen Parlament. Direktor der Schule war der angesehene Schriftsteller Adolf Meschendörfer, der politisch zu den Liberalen zählte. Der Streit begann im innersächsischen Wahlkampf. Es ging um die Sitze im Bezirksausschuss des Deutsch-sächsischen Volksrates im Burzenland. Polony enthüllte in einer Wahlkampfrede am 3. November 1933 Skandalöses in der Honterusschule, die ungewollten Nebenwirkungen machten jedoch die Rede selbst zum Skandal. Polony prangerte zwei Vorkommnisse an der Honterusschule an, auf die ich noch eingehen werde. Damit löste er einen öffentlichen Streit aus, der sich fast zwei Jahre lang hinzog. Erst befassten sich die örtlich kirchliche, dann die überregional staatliche Schulaufsicht mit dem Fall, schließlich das Landeskonsistorium in Hermannstadt und der Volksrat. Die Hauptvorwürfe Polonys richteten sich gegen die NSDR (Nationalsozialistische Selbsthilfebewegung der Deutschen in Rumänien). Das war der politische Gegner, nicht die Schule. Die Vorkommnisse betrafen einen der Lehrer und den Direktor, führten jedoch zu einer scharfen Reaktion des gesamten Kollegiums. Der Lokalschulinspektor, Stadtpfarrer Dr. Konrad Möckel, damals etwa ein Dreivierteljahr im Amt, war ebenfalls involviert. Polony hatte die NSDR attackiert und vor ihren hemmungslosen politischen Methoden gewarnt. Einige Monate später saß er auf der Anklagebank eines kirchlichen Disziplinargerichts und wehrte den Vorwurf ab, er habe der Honterusschule schwer geschadet. Am Ende sprachen ihn zwei Disziplinargerichte – Kirchenbezirk und Landeskonsistorium – frei. Soweit mir bekannt ist, dachte keine Konfliktpartei daran, mit der Angelegenheit auch noch vor ein staatliches Gericht zu treten. Trotz des Freispruchs legte Polony sein Amt als Kirchenkurator erbittert nieder. Man kann den Streit unter vier Gesichtspunkten als ein großes Lehrstück ansehen. Erstens erhellt er die Folgen der Verflechtung der sächsischen Schulen mit der sächsischen Gesellschaft in Siebenbürgen in Zeiten einer hochgradigen Politisierung aller gesellschaftlichen Bereiche. Zweitens beleuchtet er blitzartig die Wirkung der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler auf die politischen Verhältnisse der Auslandsdeutschen, in diesem Fall in Rumänien. Drittens zeigt er vierzehn Jahre nach der Mediascher Beitrittserklärung des säch-sischen Volksrates zum neuen, größer gewordenen rumänischen Staat die Igelstellung der sächsischen Gesellschaft innerhalb Rumäniens drastisch auf. Viertens – das allerdings am wenigsten zuverlässig – wirft er ein Licht auf den Religionsunterricht an einem sächsischen Gymnasium in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ich komme auf diese vier Punkte zum Schluss noch einmal zurück.
Journal: Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde
- Issue Year: 33/2010
- Issue No: 1
- Page Range: 51-62
- Page Count: 12
- Language: German
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