Zur Erfahrung des Lernens. Eine Phänomenologische Skizze
On Knowledge of Learning. A Phenomenological Sketch
Author(s): Käte Meyer-DraweSubject(s): Philosophy
Published by: Vilnius Gediminas Technical University
Keywords: Lernen; Lehren; Wahrnehmung; Bewusstsein; Vorwissen; Phänomenologie; Erfahrung; Sinn; Sinnlichkeit; Erinnerung; Gewohnheit
Summary/Abstract: Das Wort „Lernen“ hat unterschiedliche Bedeutungen. So kann man jemanden oder etwas kennen lernen. Man kann zu dem bereits vorhandenen Wissen und Können etwas dazulernen. Manchmal muss man etwas verlernen. Wichtig ist jedoch das Umlernen. Insbesondere dabei wird deutlich, dass Lernen nicht nur aus Erfahrung geschieht, sondern sich als Erfahrung vollzieht. Lernen in diesem Sinne ist nicht allein von unserer Initiative abhängig. Wir können uns nicht einfach zum Lernen entschließen. Es ist vielmehr auch ein Widerfahrnis, das zunächst unsere Hilflosigkeit zur Folge hat. Sämtliche vertraute Ordnungen geraten ins Wanken. Das alte, zuverlässige Wissen und Können versagt, und eine neue Möglichkeit ist noch nicht vorhanden. Lernen meint in dieser Hinsicht eine Art „Erwachen“, das Aufgehen des Sinns in statu nascendi, das auf einen Anspruch antwortet. Voraussetzung für Lernen ist deshalb die Empfänglichkeit für anderes oder den anderen. Sie wird ermöglicht durch das Eingeständnis, dass wir uns selbst nicht vollständig im Griff haben, weil wir uns auf eigentümliche Weise selbst vorausgehen. Stets meinen wir mehr, als wir sagen können. Unweigerlich können wir mehr, als wir ahnen. Erst die Herausforderung durch den anderen oder das andere, die an diesem Überfluss ansetzt, verwirklicht ein Wissen und Können, das zuvor nur möglich war. Im Lernen als Umlernen werden wir von etwas getroffen, auf das wir dann als etwas antworten. Dieses Etwas kommt immer nur in Deutungen und Strebungen vor. Deshalb beginnt dieses Lernen im eigentlichen Sinne nicht bei uns selbst. Es teilt das Schicksal jeder Erfahrung, die uns trifft, ohne dass wir sie genau genommen bezeugen können. Dem Sinn in statu nascendi entspricht deshalb das Sprechen modo praeterito.
Journal: Santalka: Filologija, Edukologija
- Issue Year: 18/2010
- Issue No: 3
- Page Range: 6-17
- Page Count: 12
- Language: German