Heldenplätze voller Fragen
Heroe´s Places Full Of Questions

Summary/Abstract: Thomas Bernhard and his impact on Hungary “Thomas Bernhard ist erst jetzt endgültig gestorben, zu einem Zeitpunkt - nämlich an seinem zehnten Todestag -, als seine viel kritisierte Heimat ihn plötzlich zu den guten Schriftstellern zu zählen beginnt. Diese Anerkennung gilt in Österreich eher toten Dichtern…“ - war am 1. März 1999 in der Népszabadság, der bekanntesten politischen Tageszeitung Ungarns, zu lesen. Das erinnerte stark an Jean Paul Sartres Worte, als er in Situations II verbittert feststellen mußte, daß jeder Kritiker, überhaupt die ganze sogenannte Wissenschaft der Literatur, sowieso nur mit schon längst verstorbenen Dichtern etwas anzufangen weiß. Der Glaube an posthumen Ruhm, so Sartre, gründe auf ein Mißverständnis. Dem richtigen Dichter gehe es dagegen immer um das hic et nunc. Wenn der Dichter etwas zu sagen habe, würde er nicht irgendwelche künftigen Leser ansprechen. Diese Auffassung entspricht weitgehend Bernhards Meinung: Er tue nur das, wovon er etwas verstehe, so Bernhard im Interview mit Kurt Hoffmann, bei der Zukunft gehe es ihm niemals um Ruhm. Das Jahr 1989 ist für unser Thema in zweierlei Hinsicht wichtig. Einerseits treten die Rezeptionsbedingungen mit Bernhards Tod national wie international in eine neue Phase. Andererseits fiel 1989 der Eiserne Vorhang, Ungarns Demokratisierung, deren Beginn bereits ein Jahr zuvor anzusetzen ist, konnte sich nun stärker entfalten. Das war die grundlegende Voraussetzung für den Beginn einer mehr oder minder zeitgemäßen, auf jeden Fall aber sich frei gestaltenden Rezeption westlicher Literatur in Ungarn.(...)

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