Die Polizeistunde – Ahnungen, Erinnerungen
The Police hour

Summary/Abstract: „Es ist keine Zeit mehr.“ Als ich sie diese Worte zum ersten Mal sagen hörte, wurden sie ganz beiläufig erwähnt, mit einem flüchtigen Blick gen Himmel, als ob jeden Moment Regen fallen könnte oder der Zeitpunkt gekommen wäre, in dem man einen bereits gefassten Plan endgültig aufgibt; genau von dieser Einstellung zeugten ihre Haltung, ihre Kleidung, ja sogar ihr Gesichtsausdruck, von einer Vernachlässigung und Lethargie, die wie in Zeitlupe auf der Schwelle unumkehrbaren Verwelkens schwankten: Nach diesem Satz rührte sich keiner, niemand sagte ein Wort, einen Augenblick lang standen halb leere Kaffeetassen und volle Aschenbecher vollkommen ruhig auf dem Tisch, als wären sie Versteinerungen einer Alltagsszene, die sich vor mehreren Jahrtausenden ereignet hatte, ein neues Herculaneum, überdeckt von einer unsichtbaren oder gänzlich durchsichtigen Masse eines anderen Vulkans und so für die Ewigkeit bewahrt, doch dieser Moment – so tief und unendlich er mir im Nachhinein auch scheint, wenn sich mein Blick wie jetzt in ihn versenkt, und so sehr er immer noch bereit ist, alles zu verschlingen, was von meinen Tagen blieb – dauerte nur eine Sekunde oder zwei: Jemand drehte sich um oder atmete aus, jemand zündete sich noch eine Zigarette an oder hob die Hand, um den Kellner zu rufen; ein sonniger Spätvormittag – der am Ende des Frühlings stets die Form einer gelbgrünen, collagenhaft gezeichneten Fläche annimmt, deren Elemente man nicht im Einzelnen ausmachen kann wie scharf umrissene Ausschnitte, sondern die sich in ein scheinbar beliebiges Getümmel verwandeln, eine Bewegung, die die Zeit, statt sie im Fluss zu halten, auf geheimnisvolle Weise zum Stehen bringt – begann sich in einen frühen Nachmittag hinzuziehen, in jenem Rhythmus, der so typisch ist für Osijek. Im Grunde genommen war überhaupt nichts passiert, zumindest kam es mir damals so vor.

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