Ungarische Literatur am Anfang der siebziger Jahre
Hungarian Literatur at the Beginning of the 1970ies
Author(s): Gyula BorbándiSubject(s): Literary Texts
Published by: Ungarisches Institut
Keywords: Hungarian literature; the policy for literature in Hungary
Summary/Abstract: In autoritären Staaten und in noch höherem Maße unter totalitären Herrschaftssystemen ist die Literatur wie auch jeder andere Bereich des künstlerischen Schafrens den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten stark unterworfen. In Ungarn herrscht — wenn auch im Vergleich zu anderen kommunistisch regierten Ländern in milderer Form — die „Diktatur des Proletariats", was in der Praxis die Alleinherrschaft der ungarischen kommunistischen Partei1 bedeutet. Dazu kommt, daß das Land von der sowjetischen Armee besetzt ist. Diese Armee erfüllt nicht nur Sicherheitsaufgaben und militärische Ziele, sondern hat auch eine innenpolitische Funktion. Sie ist die Gewähr dafür, daß die staatsbürgerliche Bewegungsfreiheit nicht die ihr gesetzten Schranken sprengt. Die gesellschaftlichen Strömungen dürfen und können das System nicht in Frage stellen. Die politische und gesellschaftliche Ordnung ruht auf einer Zusammenarbeit zwischen ungarischen und sowjetischen Behörden. Die kommunistische Partei und die Regierung Ungarns haben im letzten Jahrzehnt eine erhebliche Erweiterung der persönlichen Freiheit der Bürger zugelassen, den Lebensstandard spürbar gehoben und das ganze Herrschaftssystem funktionsfähiger gemacht. Die Freiheit blieb aber in jedem Sektor des privaten und gesellschaftlichen Lebens beschränkt und die errungenen Konzessionen sind in der Verfassung nicht abgesichert. Sie sind weiterhin vom Wohlwollen und der Einsicht der politischen Macht abhängig. Ein freiheitliches gesellschaftliches, wirtschaftliches und kulturelles Leben ist deswegen nur begrenzt möglich.
Journal: Ungarn-Jahrbuch - Zeitschrift für die Kunde Ungarns und verwandte Gebiete
- Issue Year: IV/1972
- Issue No: 4
- Page Range: 129-159
- Page Count: 31
- Language: German