Die emigration als strukturproblem der Ungarischen literaturgeschichte
Emigration as a structural problem in Hungarian history of literary
Author(s): Gábor ScheinSubject(s): Hungarian Literature
Published by: Akadémiai Kiadó
Keywords: Emigration; Emigrantenliteratur; Literaturgeschichte; Nationalismus; Ost-Mittel-Europa
Summary/Abstract: Die bis heute konsensuale Auffassung der Nationalliteratur in Ungarn wird durch die sprachliche Homogenität bestimmt. Elemente, die eine Provokation für die Homogenität bedeuten, werden entweder in bipolaren Gegensätzen eingeordnet, und dadurch vom Zentrum ferngehalten, oder sie werden vertuscht und ausgeschlossen, wie man es im Falle der auf Fremdsprachen geschriebenen Werke der ungarischen Literatur erfahren kann. Innerhalb der Struktur der ungarischen Nationalliteratur verdient die Emigration eine besondere Aufmerksamkeit, weil sie es notwendig macht, dass wir über die ungarische Literatur in Überlappungen mit anderen Literaturen sprechen. Wenn wir über Überlappungen sprechen, müssen wir in die Problematik auch die Theorie des Transnationalismus mit einbeziehen. In der ungarischen Fachliteratur wird diese Theorie auf die Fälle der geographischen und politischen Grenzübergänge beschränkt, die die mentale Einprägung der Grenzen als Reflexionsobjekte immer voraussetzen. Die Grenzphänomene verbinden sich mit den Vorstellungen der Differenzen, dadurch bleiben sie die Kulminationspunkte der Macht und der Kontrolle. Die Theorie des Transnationalismus kann aber auch dabei helfen, dass die Vorstellungen der Nation aus dem Bereich der homogenisierenden Aspirationen der Macht entfernt werden, damit die Heterogenität des von der Macht territorisierten Raumes, in diesem Fall des literarischen Raumes klar gezeigt werden kann. Die literarischen Räume von Ost-Mittel-Europa hatten schon immer eine mehrsprachige und polikulturelle Ausdehnung, erst nach dem ersten Weltkrieg wurden die Differenzen im Interresse der Homogenisierung der Machtbereichen als Gegensätze instrumentalisiert. Das Aufgreifen des Problems der Emigration macht es möglich, diese räumliche Struktur neuzugestalten, weil die Emigraton nicht einmal als eine periphere Erscheinung am Konzept der ungarischen Nationalliteratur teil hat. Die Emigration kann nicht zuletzt auch die Kräfte des inneren Zusammenhalts im Raum der Nationalliteratur verstärken, denn sie lässt das Aufheben der lokalen Kontexte und die Beseitigung der Differenzen nicht zu, die als Voraussetzungen von Ähnlichkeiten immer ins Spiel gebracht werden. Worüber ich hier spreche, ist eine Hypothese für eine mögliche Selbstkorrektion. Auch diese Hypothese muss ihre Begrifflichkeit der Kritik aussetzen. Wenn aber die Raumstruktur der ungarischen Nationalliteratur als Modell einmal neugestaltet wird, wird die Verwendung des Begriffs der Emigration ihre Gültigkeit verlieren.
- Issue Year: 33/2019
- Issue No: 2
- Page Range: 273-287
- Page Count: 15
- Language: German