Ka koida Kaffee. Ein bibliographischer Kommentar zum Wiener Kaffeehaus als Desiderat der literatur‑wissenschaftlichen Gedächtnisforschung
Ka koida coffee. A bibliographic commentary to the Viennese coffee house as the desideratum of literature scientific memory research
Author(s): Markus GrillSubject(s): Austrian Literature, German Literature
Published by: Univerzita Karlova v Praze - Filozofická fakulta, Vydavatelství
Summary/Abstract: Man könnte meinen, dass zum Wiener Kaffeehaus längst alles gesagt sei. Die zahl losen Bücher scheinen altes Wissen seit Jahrzehnten zu reproduzieren. Es liegt nahe, die nachhaltige Präsenz des Themas durch erfolgreiches Marketing zu erklären, das sich das simple Traditionsbewusstsein und Nostalgiebedürfnis der Menschen zunutze macht. Der Mythos vom Wiener Kaffeehaus wäre demnach ein reines Markenprodukt. Den unbestrittenen wirtschaftlichen Zusammenhängen liegen allerdings geschichts mächtige Prozesse kultureller Sinnkonstruktion ursächlich zugrunde. Sie zu negieren bedeutet, einen anti wissenschaftlichen Abwehrmechanismus von Gesellschaften zu bedienen. Er soll die Integrität ihrer erfundenen Traditionen vor kritischem Zugriff schützen. Tatsächlich ist die wiederkehrende Rede vom Wiener Kaffeehaus Ausdruck einer kollektiven Verständigung über die gemeinsame Geschichte der Nation Öster reich und damit auch über die Bedingungen der Zusammengehörigkeit zu ihr und über die Selbst- und Fremdbilder von ihr. Diese identitätsstiftende Wirkungskraft des Wiener Kaffeehauses ist bis heute nicht ergründet.
Journal: Brücken : Zeitschrift für Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft
- Issue Year: 27/2020
- Issue No: 1
- Page Range: 91-110
- Page Count: 20
- Language: German