Sprachphilosophie im Nationalitätenkonflikt
Sprachphilosophie im Nationalitätenkonflikt

Summary/Abstract: Man kann nicht behaupten, dass Forscher und Fachgelehrte divergenter Richtungen den Prager Theologen, Logiker, Mathematiker und Sozialkritiker Bernard Bolzano in den vergangenen Jahrzehnten vernachlässigt hätten, weder in seinem böhmischen Heimatland noch anderswo, zumindest bei den österreichischen und deutschen Nachbarn. Das Bolzano-Studium der tschechischen Dissidenten war selbst Element einer unerwarteten Bolzano-Renaissance, aber die Dissidenten hatten den politischen Mut, ihn nach dem lange tabuisierten Problem tschechisch-deutscher Verhältnisse und der Nationalitätenkonflikte zu befragen und sich, auf der Suche nach einer neuen gesellschaftlichen Praxis, mit fachlichen Rekonstruktionen allein nicht mehr zufriedenzugeben. Jan Patocka richtete im Frühlingsjahr 1968/69 seine Aufmerksamkeit auf Bolzano und Josef Jungmann; und an dem darauf folgenden Streitgespräch, in Prag, aber auch in Pavel Tigrids Pariser Zeitschrift »Svedectvf«, beteiligten sich Vaclav Cerny, der patriotische Komparatist, der Historiker Milan Otahal und der Jurist und Historiker Petr Pithart. Das kritische Gespräch nimmt heute seinen Fortgang, von tschechischer eher als von deutscher Seite. Marie Pavlfkova untersucht Bolzanos Lehrjahre (1994), Pavel Materna weist auf Bolzanos Antizipationen Freges und Churchs hin (1995), Vlastimil Hala betont die Vielschichtigkeit der Gedanken Patockas über Bolzano, vor allem jener, die seine »Wissenschaftslehre« betreffen, und Miroslav Hroch publizierte eben eine kritische Studie über den frühen tschechischen Patriotismus! , die nicht allein die Spezialisten interessieren sollte.

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