1905. aasta eesti romaanis
Das Jahr 1905 im estnischen Roman
Author(s): Cornelius HasselblattSubject(s): Literary Texts
Published by: SA Kultuurileht
Keywords: estnischer Roman; Revolution von 1905; Literaturgeschichte; Anton H. Tammsaare; Jaan Kärner; Aadu Hint; Bernard Kangro; Erni Krusten; Aarne Ruben
Summary/Abstract: Der Aufsatz, von dem eine frühere und kürzere Variante auf deutsch erschienen ist ("1905 im estnischen Roman", in: Norbert Angermann et al [Hg.]: Ostseeprovinzen, Baltische Staaten und das Nationale. Münster, 2005, S. 321–342) behandelt acht estnische Romane, in denen die Ereignisse der Revolution von 1905 mehr oder weniger zentral stehen. Es wird die Frage gestellt, welchen Schwerpunkt die Autoren bei der Behandlung des Themas wählten: Liegt die Betonung auf dem a) Sozialökonomischen, b) dem Nationalpolitischen oder c) dem freiheitlichen, antitotalitären Aspekt. Die Untersuchung ergibt, dass alle Romane in gewisser Weise die Zeit ihrer Entstehung widerspiegeln und darüber mehr aussagen als über die dargestellte Zeit, d.h. das Jahr 1905. Bei Tammsaare (Tõde ja õigus III, 1931, dt. unter dem Titel "Wenn der Sturm schweigt", 1983), dessen Roman in zensurfreier Zeit entstanden ist, steht die Freiheit im Vordergrund. In der Neuarbeitung seines Romans (1936) hat teilweise eine Polarisierung stattgefunden, was unter Umständen der autoritären Regierung von Konstantin Päts geschuldet ist. Dies wird ganz besonders deutlich in Kärners Roman (Tõusev rahvas, 1936–1937, "Das sich erhebende Volk"), der passagenweise ein panegyrisches Machwerk zum Lobe von Päts ist. Bei Kangro, dessen Roman im Exil entstanden ist (Kuma taevarannal, 1950, "Schimmer am Himmelsrand"), überwiegt die Betonung der Eigenstaatlichkeit und der Freiheit. Hints Roman (Tuuline rand I, 1951, "Die windige Küste") war unter strenger Stalinscher Zensur entstanden, weswegen der Autor den Schwerpunkt entsprechend den Erfordernissen der Zeit auf das Sozialökonomische legte, was zu einem gut lesbaren Geschichtspanorama führte. Die überarbeitete Version des Romans (1952) ist dagegen ein missglücktes Stück Propagandaliteratur. Krustens Roman (Noorte südamed, 1954–1956, "Die Herzen der jungen Leute") ist Hints vergleichbar ebenfalls ein Geschichtspanorama, dem die Stalinschen Spuren von Hints Neuauflage fehlen. Rubens Roman (Volta annab kaeblikku vilet, 2001, "Volta heult kläglich") erweist sich als postmodernes Spiel, in dem ein völlig neuer Aspekt hinzukommt: die Liebe als treibende Kraft stellt alle vermeintlich hehren Revolutionsziele in den Schatten.
Journal: Keel ja Kirjandus
- Issue Year: L/2007
- Issue No: 11
- Page Range: 864-877
- Page Count: 14
- Language: Estonian