The Video Boom in Socialist Poland
The Video Boom in Socialist Poland
Author(s): Patryk WasiakSubject(s): Media studies, Politics and communication, Post-War period (1950 - 1989), Film / Cinema / Cinematography
Published by: Verlag Herder-Institut
Keywords: Video Boom; Socialist Poland; video culture; cultural phenomenon;
Summary/Abstract: In diesem Artikel soll gezeigt werden, wie sich im sozialistischen Polen der 1980er Jahre die Videotechnologie verbreitete. In den späten 1980er Jahren gab es in polnischen Haushalten schätzungsweise mehr als eine halbe Million Videorecorder und einige Millionen Videokassetten. Die meisten dieser Kassetten wurden dafür benutzt, um Raubkopien populärer Filme, versehen mit einer behelfsmäßigen polnischen Tonspur, abzuspeichern. Zu dieser Zeit war es in Polen eine weit verbreitete Sitte, an Sonntagabenden gemeinsam mit Freunden oder Verwandten Videofilme anzuschauen. Die überaus große Beliebtheit von Video in Polen lag hautsächlich darin begründet, dass man so Zugang zu zahllosen populären Kinofilmen der 1980er Jahre erhielt, in erster Linie zu Action-, Horror- und nicht zuletzt pornografischen Filmen. Diese Filme wurden hauptsächlich aus Westdeutschland importiert. In dem vorliegenden Beitrag werden die einzelnen sozialen Akteure dargestellt, die Video überhaupt erst populär machten, wobei sich zeigt, dass kulturelle und ökonomische Praktiken voneinander abhängig waren. Ich beschreibe die Rolle der informellen Wirtschaft und von Kleinunternehmern bei der Popularisierung von Video in Polen. Zudem rekonstruiere ich die Debatte zwischen Kulturkritikern und Vertretern der Filmindustrie, die einerseits bei den zuständigen Politikern darauf drangen, Video in die staatliche Kulturpolitik, mit der die „kulturelle Erziehung der Gesellschaft“ verbessert werden sollte, einzubeziehen. Andererseits erkannten die Kritiker, wie profitabel das Geschäft mit Videofilmen war. Sie forderten deshalb, dass der Staat in die polnische Videoindustrie investieren solle, um sich einen Anteil an diesem bisher von Raubkopierern beherrschten Markt zu sichern. Meine Untersuchung zeigt jedoch, dass seitens des Staates keine einheitliche Politik gegenüber dieser Medientechnologie verfolgt wurde. Der Video-Schwarzmarkt wurde eher toleriert und blieb ohne Kontrolle. So wurde z.B. erst 1994 erstmals ein Gesetz zum Schutz des Copyrights im Bereich elektronischer Medien erlassen. Vor 1989 wurde lediglich in die Entwicklung und die Vermarktung polnischer Videorecorder investiert. Dieser Versuch scheiterte, weil die polnische Elektronikindustrie nicht mit den billigen und qualitativ hochwertigen japanischen Fabrikaten mithalten konnte. Das staatliche polnische Videovertriebssystem war ebenfalls ein Fehlschlag. Nach 1989 wurde dieser Markt rasch von privaten Medienunternehmen übernommen, die von Geschäftsleuten geführt wurden, die als Betreiber von privaten Videoläden im sozialistischen Polen Erfahrung gesammelt hatten.
Journal: Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung
- Issue Year: 61/2012
- Issue No: 1
- Page Range: 27-50
- Page Count: 24
- Language: English