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Minimalaus baudžiamosios atsakomybės amžiaus problema: lyginamieji teisiniai ir kriminologiniai aspektai
Das Problem des Mindestalters für eine straflechtliche Verantwortung: vergleichende rechtliche und kriminologishe Aspekte

Author(s): Gintautas Sakalauskas
Subject(s): Law, Constitution, Jurisprudence, Criminal Law, Criminology
Published by: Lietuvos teisės institutas

Summary/Abstract: In vielen Länder werden ab und zu Diskussionen über das Mindestalter für eine strafrechtliche Verantwortung geführt. Sie verschärfen sich insbesondere dann, wenn über einige ganz schwere Kriminalfälle der Jugendlichen in den Medien berichtet wird und die Politiker ganz schnell eine passende Lösung für die Probleme der Kinder- und Jugendkriminalität „finden“ wollen. So eine Diskussion, oder besser gesagt eine Kette von fragwürdigen politischen Entscheidungen gab es in Litauen seit Herbst 2008 bis Frühling 2009. Erfreulicherweise wurde am Ende nach dem im litauischen Justizministerium veranstalteten runden Tisch doch die Entscheidung getroffen, nichts im litauischen StGB zu ändern. § 13 Abs. 1 des litauischen StGB sieht vor, dass generell die strafrechtliche Verantwortung mit der Vollendung des 16. Lebensjahrs beginnt. Für einige schwerere bzw. jugendtypische Delikte sieht § 13 Abs. 2 StGB als Ausnahme von Abs. 1 eine strafrechtliche Verantwortung ab 14 Jahren vor. Es handelt sich um folgende Delikte: Mord/Totschlag (§ 129 StGB), schwere Körperverletzung (§ 135 StGB), Vergewaltigung (§ 149 StGB), sexuelle Misshandlung (§ 150 StGB), Diebstahl (§ 178 StGB), Raub (§ 180 StGB), räuberische Erpressung (§ 181 StGB), qualifizierte Formen der Sachbeschädigung (§ 187 Abs. 2 StGB), Diebstahl von Schusswaffen, Munition oder Explosionsstoffe (§ 254 StGB), Diebstahl, räuberische Erpressung oder andere rechtswidrige Wegnahme von Drogen oder anderen bewusstseinsverändernden Mitteln (§ 263 StGB), qualifizierte Formen der Beschädigung von Verkehrsmitteln, Verkehrswegen (Schienen) oder sich an und auf Verkehrswegen befindenden Geräten (§ 280 Abs. 2 StGB). Diese „Ausnahmeregelung“ relativiert die allgemeine Altersgrenze des Abs. 1, weil die meisten jugendtypischen Straftaten (vor allem Diebstahl und Raub) in den Bereich des Abs. 2 fallen. Die eigentliche Strafmündigkeitsgrenze von 16 Jahren bleibt damit in Litauen z. B. für die leichte Körperverletzung (§ 138) oder die Verletzung der öffentlichen Ordnung (§ 284 StGB) bestehen. Die zweistufige Altersgrenze wurde fast wörtlich aus dem alten StGB übernommen. Nach der von Cavadino und Dignan (2006) verfassten systematischen Darstellung der Jugendstrafrechtssysteme in der westlichen Welt, kann das Jugendstrafrecht in Litauen zu einem „Justice model“ mit einigen Merkmalen des „Neo-correctionalist model“ zugeordnet werden. Das bedeutet, dass für die straffälligen Jugendliche in Litauen relativ strenge strafrechtliche Maßnahmen verhängt werden. Eine Herabsetzung des Mindestalters für eine strafrechtliche Verantwortung würde in Litauen ganz strenge Maßnahmen schon für die kleinen Kinder bedeuten.

  • Issue Year: 2009
  • Issue No: 64 (2)
  • Page Range: 81-103
  • Page Count: 23
  • Language: Lithuanian