Werther im Wald. Zur Funktion des Wahnsinns in Ludwig Tiecks Novelle "Waldeinsamkeit" vor dem Hintergrund von Goethes "Die Leiden des jungen Werther"
Seiner letzten Novelle "Waldeinsamkeit"(1841) verleiht Ludwig Tieck als Titel den Neologismus, den er selbst beinahe fünfzig Jahre zuvor im "Blonden Eckbert" geprägt hatte. Auf die nunmehr inflationäre Verwendung dieses Begriffes nimmt Tieck ausdrücklich Bezug und widerruft dessen überschwänglich romantische Bedeutung, indem er dessen Gebrauch als schwärmerisch entlarvt. Die Hauptfigur, ein junger Mann namens Ferdinand von Linden, der sich nach Waldeinsamkeit sehnt, wird dabei intertextuell zum paradigmatischen Schwärmer Werther in Beziehung gesetzt. Darüber hinaus werden sowohl in "Waldeinsamkeit" als auch in "Werther" (1774/1787) die Hauptfiguren, die sich aufgrund ihrer aus der Balance geratenen Einbildungskraft an der Grenze zwischen Normalem und Pathologischem befinden, in Nebenfiguren gespiegelt, die ganz dem Wahnsinn verfallen sind.
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