The Poetics of Vladan Desnica's Novel Proljeća Ivana Galeba
Der Roman beruht auf der konsesquent durchgeführten Entfaltung einer Digressionsstruktur: betont wird der Abschnitt, das splitterartige Gebilde, die analytische Einblendung, der essayistische Exkurs. Es ist nämlich kein erzählerischer Faden erkennbar, der eine traditionelle Anordnung des Geschehens fordern würde. Anstelle eines linearen Erzählablaufes in strenger Sukzession bietet Desnicas Roman eine Reihe von Verfahrensweisen, die verschiedene Formen von Diskontinuität erkennbar machen. Die Hauptgestalt ist ein Reflexionssubjekt, und die grundlegende künstlerische Absicht ist die Aufzeichnung seiner Gedanken und Ansichten. Äußere Geschehnisse treten zuruck zugunsten von Reflexionen, in denen sich Abenteuer intellektueller Art spiegeln. Daher wird die Komposition des Werkes von weitgehend selbständigen essayistischen Episoden und metatextuellen Bezügen bestimmt Wie in Prousts Romanzyklus, so trachtet auch Desnicas Reflexionssubjekt danach, die Vergangenheit neu zu erschaffen, d.h. vergangene Stadien des eigenen Ich erneut aufleben zu lassen. Vergangenheit und Gegenwart sind in einem steten Austausch. Nur ein einziger, dazu weniger wichtige Erzählstrang weist temporale und kausale Verknüpfungen auf. Viel mehr Raum nehmen Ri.ickblicke ein, z. B. Erinnerungen, die in Form frei flutender Assoziationen gestaltet erscheinen. Auf diese Weise entfernt sich Desnicas Werk völlig von einer hypothetischen narativen Isochronie. In ihm sind Beschleunigungen und Stauungen erkennbar, jähe Veränderungen im Erzählrhythrnus, Verschiebungen innerhalb der Beziehungen zwischen Erzählzeit und erzählter Zeit (Wiederholungen, Analepsen, Ellipsen usw.). Der Aufbau des Romans, der auf dem Exkursprinzip und der thematischen Engführung beruht, legitimiert die Reihung unterschiedlicher Stoffelemente. Erzählende Abschnitte, Tagebücher, poetische Fragmente und essayistische Reflexionen sind überzeugend miteinander verklammert. Daher ist es berechtigt, von einer modernen synthetischen Prosa zu reden, die sich über Konventionen und Gattungsgrenzen hinwegsetzt.
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