SPRACHLICHE UND ETHNISCHE VERHÄLTNISSE IN UNGARNS LUTHERTUM AN DER WENDE VOM 16. ZUM 17. JAHRHUNDERT
Author(s): Zoltán Csepregi / Language(s): German
/ Issue: 1/2017
Keywords: Lutheranians in Hungary; mutilingualism; 16th century;
Ein besonderer Zug des Luthertums in Ungarn ist dessen ethnische Vielfalt. In der Studie wird der Frage nachgegangen, welche jene Volkssprachen sind, in denen Ungarns lutherische Geistliche um das Jahr 1600 ihre Gottesdienste feierten, predigten, sangen und schrieben. Wenn man aus den Quellen erhebt, mit welchen ethnischen Attributen die Prediger der mehrsprachigen lutherischen Kirchengemeinden damals bezeichnet wurden, kommt folgende Liste zustande: böhmisch, deutsch, kroatisch, polnisch, sächsisch, slowakisch, ungarisch und windisch. Wenn man also die Predigtsprachen zusammenzählt, könnte man (abhängig von der Zuordnung einzelner Dialekte) zu einer Zahl von 6 bis 8 Sprachen gelangen. Die Anzahl der liturgischen Sprachen ist hingegen viel geringer, denn diese standen bereits mit der Buchkultur und den Schriftsprachen in Verbindung. Liturgische Literatur (vor allem Agenden, Gebet- und Gesangsbücher, sowohl gedruckte als auch handschriftliche) stand nämlich nur in vier Sprachen zur Verfügung: Tschechisch, Ungarisch, Deutsch und Slowenisch. Für die Pfarramtskandidaten war es darum nötig, sich andere V olkssprachen anzueignen. Der Fremdsprachenerwerb geschah nicht mit schulischen Methoden, sondern in der Praxis, in der Umgebung von Muttersprachlern. Der hier unternommene Rundblick über Ungarns Luthertum vom Übermurgebiet bis zum Burzenland bezieht sich auf die Zeit um 1600. Die Mehrsprachigkeit war hier damals noch alltägliche Praxis, heute existiert sie jedoch nur noch als kulturelle Erinnerung und als weitestgehend untergegangene Tradition. Die Lutheraner konnten sich aber dank ihrer historischen Wurzeln doch eine besondere Offenheit und ein Verhalten gegenseitigen Respekts und gegenseitiger Annahme aus dieser Zeit herüberretten.
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