Author(s): / Language(s): German
Vom 22. bis zum 24. März 2018 fand an der Philosophischen Fakultät der Universität Sarajevo in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Deutsch in Mittel-, Ost- und Südosteuropa an der Universität Regensburg (FZ DiMOS) die Gründungskonferenz des „Germanistenverbandes in Bosnien-Herzegowina“ statt. An dieser Konferenz haben 26 Vortragende aus Bosnien-Herzegowina, Deutschland und Österreich teilgenommen. Die Themen der Vorträge waren breit gefächert, von der Sprachkontaktforschung über DaF-bezogene Analysen bis hin zum Bereich der Literaturwissenschaft. In diesem Sammelband befinden sich 16 Artikel, die wir im Folgenden kurz vorstellen möchten: Im einführenden Beitrag mit dem Titel Deutsch in der Welt – Deutsch in Bosnien-Herzegowina schreibt Maria Thurmair über das Deutsche an Universitäten, wobei sie auf die Unterschiede zwischen einer Inlands- und Auslandsgermanistik und einem DaF- und DaZ-Studium eingeht, und über die Verwendung des Deutschen in Bosnien-Herzegowina. Darin plädiert sie für die Berücksichtigung der individuellen Motivationen für das Erlernen der deutschen Sprache seitens der Deutschlehrenden. Besonders interessant ist das Unterkapitel zum Thema Deutsch bei RemigrantInnen. Thurmair verweist darauf, dass dieses Thema für Bosnien-Herzegowina eine Forschungslücke darstellt. In den darauffolgenden fünf Beiträgen geht es wie bei dem Thema Deutsch bei RemigrantInnen auf die eine oder andere Art um die Sprachkontaktforschung. So schreibt Hermann Scheuringer in seinem Beitrag Bosniens rudimentärster Kontakt mit dem Deutschen – Die Posavina als Nachhut der großen Schwabensiedlung über einen weithin unbekannten Teil der Geschichte des Deutschen in Bosnien-Herzegowina. In dem Beitrag Zum Code-Switching in der Sprache der herzegowinischen Gastarbeiter im Werk „Legende o rodijaku Ćipi“ von Nikolina Pandža, Senka Marinčić und Ružica Zeljko-Zubac geht es nach einem sehr umfangreichen theoretischen Teil zu den Themen Mehrsprachigkeit, Code-Switching und zum Thema Gastarbeiter um die morphologische, syntaktische und soziolinguistische Analyse des CodeSwitchings in einem literarischen Werk. Nedad Memić liefert einen Beitrag über den Status deutscher Lehnwörter in der bosnischen Gegenwartssprache. In seiner Einführung beschäftigt sich der Autor ausführlich mit dem Thema Sprachkontakt und danach konkret mit dem deutsch-bosnischen Sprachkontakt. Auch hier wird auf weiteren Forschungsbedarf verwiesen, nämlich im Bereich der variationslinguistischen und soziolinguistischen Distribution des Transferguts in der bosnischen Gegenwartssprache. In den folgenden beiden Beiträgen geht es um den negativen Transfer oder die Interferenzen bei den Deutschlernenden in Bosnien-Herzegowina: Aldina Šerifović und Meliha Hrustić begründen ihre Analyse in dem Beitrag mit dem Titel Einfluss des Bosnischen auf den Erwerb des Deutschen am Beispiel von Schreibaufgaben auf dem B1- und B2-Sprachniveau auf den drei Hypothesen zum Zweitspracherwerb: der Kontrastivhypothese, der Identitätshypothese und der Interlanguage-Hypothese. Das Untersuchungskorpus stellen Texte aus Sprachprüfungen auf den Niveaus B1 und B2 dar, wobei die Fehler der PrüfungsteilnehmerInnen Gegenstand der Analyse sind. Der zweite Beitrag beschäftigt sich mit den Fehlern und Interferenzen von Germanistikstudierenden. Die Autorinnen Sanela Mešić und Minka Džanko zeigen in dem Beitrag mit dem Titel Analyse der Fehler in Übersetzungen von isolierten Satzgefügen der Germanistikstudierenden an der Universität Sarajevo, welche Fehler, unter welchen auch viele Interferenzfehler sind, auch bei Studierenden im Master- studiengang immer noch vorkommen. Diese Studie soll eine Lehr- und Lernreflexion bieten und zeigen, in welchen Bereichen der Lehre Verbesserungsbedarf besteht. Zwei der Beiträge im vorliegenden Sammelband beschäftigen sich mit der gesprochenen Sprache. Erminka Zilić schreibt unter dem Titel Einige Überlegungen zum Gebrauch von Füllwörtern in der deutschen und bosnischen Sprache eine Arbeit über den Gebrauch dieser Wörter seitens bosnischherzegowinischer öffentlicher Persönlichkeiten und stellt fest, dass deutsche öffentliche Persönlichkeiten im Vergleich keine oder weniger Füllwörter gebrauchen. Alma Halidović und Zerina Hadžić liefern einen Beitrag zum Thema Gehört Frauensprache einer anderen Sprachwelt an? Zu den Unterschieden im Sprachgebrauch von Männern und Frauen. Diese soziolinguistische Studie ist eine Untersuchung der gesprochenen Sprache im Hinblick darauf, ob Frauen tatsächlich häufiger Fragen stellen und ob sie mehr zum Gebrauch von Unschärfemarkierungen und von Intensivierungsmitteln tendieren als Männer. Darauf folgen zwei Beiträge aus dem Bereich der Grammatik: Einen Beitrag, in dem für alle deutschen Kasus überprüft wird, inwieweit sie in verschiedenen Verwendungskontexten vorkommen können, bietet uns Wilhelm Oppenrieder. Der Beitrag trägt den Titel Die deutschen Kasus und ihre semantisch-syntaktischen Funktionen. Darin plädiert der Autor dafür, bei allen deutschen Kasus einen Unterschied zwischen einem bedeutungshaltigen und einem rein syntaktisch-konstruktionellen Verwendungskreis zu machen. Amela Ćurković beschäftigt sich in ihrer kontrastiv angelegten Studie mit der Struktur der bosnischen und deutschen Schlagzeilen in ausgewählten Zeitungen und Onlineausgaben von Zeitschriften. Ihre Analyse bestätigt, dass Schlagzeilen heutzutage eher dazu tendieren, lang und komplex zu sein. Nach diesen Beiträgen geht es mit der Analyse der Pressesprache aus der Sicht der Diskurslinguistik weiter. In ihrem Beitrag Wertende Referenz im historischen Diskurs über die Annexion Bosnien-Herzegowinas schreibt Alma Čović-Filipović über die Darstellung der Annexion in der zeitgenössischen deutschsprachigen Presse. Dabei untersucht sie die Sprache in den Zeitungen Neue Freie Presse, Sarajevoer Tagblatt und Bosnische Post. Der Sammelband beinhaltet auch drei Beiträge zum DaF-Unterricht. In ihrem Beitrag zum Thema Die Geschichte des Deutschlernens in Bosnien und Herzegowina bis 1941 schreibt Sanja Radanović über den Status der deutschen Sprache im Schulsystem und über die Curricula an den verschiedenen Schulen in drei verschiedenen historischen Phasen – dem osmanischen Zeitraum, dem österreichisch-ungarischen Zeitraum und dem Zeitraum zwischen den beiden Weltkriegen. Lara Hedžić präsentiert in ihrem Beitrag Das Bild der deutschsprachigen Länder in ausgewählten DaF-Lehrwerken in Bosnien-Herzegowina die Ergebnisse der Untersuchung des Einsatzes von landeskundlichen Abbildungen in Lehrwerken an Mittelschulen in der Föderation von Bosnien-Herzegowina. Die Autorin beschäftigt sich unter anderem auch mit der Frage, in welchem Verhältnis die deutschsprachigen Länder in den DaF-Lehrwerken im Sinne eines plurizentischen Ansatzes zueinander stehen. Die Autorin stellt fest, dass der plurizentrische Ansatz in den meisten Lehrwerken noch keine ausreichende Berücksichtigung findet. Ein weiterer Artikel, der sich mit dem DaF-Unterricht beschäftigt, ist Der Einsatz von digitalen Medien im DaF-Unterricht im Kanton Sarajevo: Möglichkeiten und Grenzen von Zlata Maglajlija. In diesem Beitrag wird unter anderem erläutert, wie die DeutschlehrerInnen im Kanton Sarajevo ihre digitalen Kompetenzen im Unterricht nutzen und welche Möglichkeiten sie für die Nutzung der digitalen Medien tatsächlich haben. Der Sammelband beinhaltet zudem zwei Beiträge aus dem Bereich der Literaturwissenschaft. Mersiha Škrgić liefert einen Beitrag zum Thema Die Funktion der Kamera im Roman „Der Kameramörder“ von Thomas Glavinic, in dem sie die Funktion der Kamera als zentrales Motiv im Roman analysiert. Diese tritt nicht nur als Tatwaffe und -motiv auf, sondern ist auch maßgeblich für die Erzählsituation und Perspektive. Dadurch erscheint der Roman nicht nur als klassischer Kriminalroman, sondern thematisiert in geschickter Weise auch den Einfluss der Medien auf unsere Gesellschaft. Und am Ende des Sammelbandes führt uns Ivica Petrović mit seinem Beitrag Sarajevo – Museum der europäischen Geschichte durch die Reiseberichte verschiedener deutschsprachiger Autoren, in denen insbesondere über Sarajevo berichtet wird. Es handelt sich dabei um einen chronologischen Abriss. Analysiert wird also in imagologischer Perspektive das Bild Sarajevos unterschiedlicher AutorInnen vom 19. bis ins 21. Jahrhundert. Alle Beiträge wurden in einem doppelt-blinden Verfahren begutachtet und kategorisiert. Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen AutorInnen für die interessanten Vorträge und bei allen GutachterInnen für ihre schnelle und detaillierte Arbeit und die konstruktiven Verbesserungsvorschläge. Außerdem danken wir dem Organisationsteam, unseren Sponsoren und allen, die zum Erfolg der Konferenz und zur Veröffentlichung des Sammelbandes beigetragen haben.
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